Seit über zwanzig Jahren
ist Pierto Querini bei seinen Verwandten in den Dörfern südlich von Palermo
eingeladen. Mit seinen Mafiafreunden besucht er in versteckten Bergdörfern und
in den nahen Küstenorten Restaurants und Trattorias.
In ausführlichen Gesprächen
mit den Küchenchefs erfährt er von den "Geschäften" der Mafia, aber auch von
ihren Lieblingsgerichten.
Geleitwort
Prof. Dr. Giovanni Orlando,
Università degli Studi di Catania
Pietro Querini gelingt es auf
eindrucksvolle Weise, im Rahmen seines sizilianischen Kochbuchs auf die
organisierte Kriminalität der Mafia einzugehen. Zu Beginn des Buches erteilt er
den Lesern eine kriminalwissenschaftliche Lektion: Er warnt vor dem perfekten
Verbrechertum der „Ehrenwerten Gesellschaft“ in all ihren offenen und verdeckten
Formen, auch in Deutschland. Mit Leidenschaft beschäftigt er sich mit dem
Lebensstil ranghoher Mafiosi auf Sizilien. Dazu gehört natürlich zuallererst ihr
vorzügliches Essen.
In den sizilianischen Restaurants der Insel und zu Tisch bei
befreundeten „Mafiafamilien“ hat sich Pietro Querini als verdeckter
Enthüllungsjournalist gründlich umgesehen. Schon in früher Jugend lernte er bei
seinem oberitalienischen Großvater professionelles Kochen. Seitdem gilt sein
Hauptaugenmerk den Zutaten der Speisen und den Garmethoden.
Sizilien hat mehr
als andere Regionen in Italien seine regionalen Eigenheiten bewahrt. Um seine
außergewöhnlichen Spezialitäten zu genießen, reisen Feinschmecker aus ganz
Europa hierher. Während die meisten Europäer essen, um ihren Hunger zu stillen,
leben die Sizilianer, wie es so schön heißt, um zu essen. Die Esskultur gehört
zum mediterranen Lebensgefühl.
Selbst die weniger wohlhabende Landbevölkerung
genießt abwechslungsreiches und wohlschmeckendes Essen. Dabei werden nur lokale
Produkte verwendet. Wissenschaftliche Studien der Weltgesundheitsorganisation,
des französischen Instituts de la Santé und des Instituts für Ernährung in Rom
kommen zu dem Schluss, dass die mediterrane Ernährung auf Sizilien die
Häufigkeit von Herz- und Kreislauferkrankungen deutlich verringert, Krebsleiden
vorbeugt und somit das Leben verlängert. Die Studien der WHO empfehlen eine
Ernährung, die auf Teigwaren aus Hartweizengrieß beruht und täglich eine größere
Menge antioxydatives Obst und Gemüse vorsieht. Weiterhin ist mehr Fisch statt
Fleisch gesund. Von hohem Gesundheitswert ist Olivenöl statt Butter und mäßig
Rotwein zu den Mahlzeiten.
Die von Querini ausgewählten Rezepte der
sizilianischen Küche entsprechen der Forderung nach idealer Ernährung. Die
Küche der ‚Manzù’, der sizilianischen Adeligen, die von den Mafiabossen
zunehmend übernommen wird, lehnt er rigide ab. Ihre Köche bereiten die
Mahlzeiten z. B. mit viel Schmalz zu, es gibt wenig Gemüse und kaum Obst.
Buchbesprechung/-en
Frankenpost Hof, 19.03.08
Der Pate kocht
Im
„Geleitwort“ wird auf die Dialektik zwischen Daseinsgenuss und Stoffwechsel
hingewiesen: Die meisten Europäer, heißt es da, äßen, um sich am Leben zu
erhalten; die Sizilianer hingegen „leben, um zu essen“. Zu solchem „mediterranen
Lebensgefühl“ gehört freilich der Tod wohl auch, und selbstverständlicher als
anderswo auf dem Kontinent. Ziemlich unverhohlen beherrscht die Mafia weite
Bereiche des öffentlichen Lebens auf der Insel – eine eng vernetzte,
durchstrukturierte „ehrenwerte Gesellschaft“, zu deren hochprofitablen
Geschäftsprinzipien jenes zählt, den Wert eines Menschenlebens nicht allzu hoch
zu veranschlagen. Wie alle Sizilianer hängen die Paten und ihre Helfershelfer
zärtlich am Land ihrer Väter – nicht zuletzt des „unvergleichlich guten Essens“
wegen, wie Pietro Querini nachweist. In seinem Buch „Lieblingsgerichte großer
Mafiosi“, das er beim Rehauer Burgverlag herausgab (151 Seiten, Paperback, 11,80
Euro), unternimmt er den gar nicht so absurden Versuch, die Niederungen der
Kriminalität in seiner Heimat mit den Hochleistungen der Gastronomie ins
Verhältnis zu setzen. Interessantes lässt er über das organisierte Verbrechen in
Südeuropa und anderen Weltteilen wissen, noch mehr aber über Zutaten und
Zubereitungsweisen einer Geschmackskultur, die sich bei köstlichen Rohstoffen
aus der Erde, den Lüften, dem Wasser des Meeres bedient. Mit einem nicht näher
identifizierbaren „Mafiafreund“ erkundete Querini die cucina siciliana in den
Gaststätten zentraler Orte wie entlegener Bergdörfer, wo er bei „systematischen
Dauerbeobachtungen“ der Ganoven notierte, was sie sich so von Gang zu Gang auf
der Zunge zergehen lassen. Viele Rezepte für feine Speisen notiert er
gewissenhaft – und fügt Listen über Olivenöle, Nudeln, Fischsorten bei;
schließlich noch ein „Kleines Mafialexikon“ als Miniglossar zentraler Begriffe
aus der Gangster-, Gauner-, Killerszene. Auch die omertà taucht darin auf, die
Schweigepflicht. Natürlich kann man über beinah alles reden; nicht zwar übers
Geld der Mafia; doch über ihren Gaumen jedenfalls.
Michael Thumser
Schwäbische Post, 22.02.08
Mafiosi verfügen
über sensiblen Gaumen
Der Autor Dr. Pietro Querini verrät in dem vor kurzem
erschienen Buch „Lieblingsgerichte großer Mafiosi“ zum ersten Mal 75 ausgewählte
Rezepte seiner großen Familie. Er besitzt aber auch den Mut, in dem Buch auf
eindrucksvolle Weise die internationale organisierte Kriminalität der Mafia aufs
Tablett zu legen.